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Warum mobiles Internet in einigen afrikanischen Ländern so teuer ist

Technologie | 03.11.2020

In Malawi zahlen die Menschen rund 87 % des Bruttonationaleinkommens pro Kopf für 1 GB mobile Daten. Die Ruander zahlen nur 2 %. DW untersucht die Gründe für diese enorme Preisdiskrepanz.

Das Smartphone und das Internet spielen für Tabu Kitta die gleiche entscheidende Rolle wie für die meisten Afrikaner in ihren 30ern:

„Alles, was ich mache, dreht sich um die Nutzung des Internets. Ich telefoniere hauptsächlich über das Internet. Ich schreibe SMS hauptsächlich über das Internet. An guten Tagen schaue ich mir Videos online an“, sagte Kitta der DW.

Es gibt jedoch Tage, an denen die Geschäftsfrau und Pressesprecherin Kitta auf das Internet verzichten muss. Malawi hat die teuersten mobilen Internettarife in Afrika.

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„An einem guten Tag gebe ich etwa drei Dollar für ein Datenpaket für einen Tag aus“, sagte sie. Aber sie kann es sich nicht immer leisten.

Kitta schätzt, dass sie insgesamt etwa 70 Dollar (56 Euro) pro Monat ausgibt, um online zu gehen. „Die Preise für mobile Daten sind in der Tat eine Herausforderung für viele Malawier.“

Nur in Amerika sind mobile Daten teurer

Die Kosten sind für die meisten Afrikaner eine Herausforderung. Im Durchschnitt verlangen die afrikanischen Anbieter 3,30 Dollar pro Gigabyte, wie eine weltweite Erhebung des britischen Anbieters Cable UK zeigt. Nur auf dem amerikanischen Kontinent sind die Preise höher.

„Da die Einkommen in Afrika niedrig und die Mobilfunkpreise im Allgemeinen recht hoch sind, wird der Unterschied noch größer, wenn man das in ein Verhältnis setzt“, sagte Martin Schaaper von der UN-Organisation International Telecom Union (ITU) gegenüber der DW, deren Team regelmäßig die Entwicklungen auf dem Telekommunikationsmarkt analysiert. Gemessen daran sind die Preise in Afrika also viel höher als in anderen Teilen der Welt und vor allem im Vergleich zu den Industrieländern, erklärte er.

Die Tendenz ist dennoch positiv. „Es wird in den meisten Teilen Afrikas erschwinglicher, vor allem wenn man den Preis der Daten im Vergleich zum Bruttonationaleinkommen pro Kopf betrachtet“, sagte Schaaper.

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Malawis Extreme

Malawi ist ein Extrembeispiel für überhöhte Preise. Ein Gigabyte Mobilfunkdaten kostet hier laut Cable UK durchschnittlich 27,41 Dollar. Die Vereinten Nationen empfehlen, dass diese Datenmenge nicht mehr als 2 % des Bruttonationaleinkommens pro Kopf kosten sollte. In Malawi liegen die entsprechenden Kosten bei 87 %.

Benin und der Tschad weichen mit ihren Preisen ebenfalls erheblich von der UN-Empfehlung ab. Auch dort ist das mobile Internet um ein Vielfaches teurer, als es angesichts der Wirtschaftskraft des Landes angemessen wäre.

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Viele Gründe für hohe Preise

Ein wichtiger Kostenfaktor für die Anbieter ist die Infrastruktur: „Sie mussten von 2G über 3G zu 4G und jetzt 5G aufrüsten“, sagt UN-Telekommunikationsexperte Schaaper. „Das erfordert ständige Investitionen, die refinanziert werden müssen. Hinzu kommt, dass in Afrika viele Regionen schwer zugänglich sind – dort ist der Aufbau von Infrastruktur besonders teuer.“

Schaaper nennt als weiteren wichtigen Faktor die geringe Zahl der Wettbewerber auf dem Markt: „Wenn es in einem Land nur ein oder zwei Anbieter gibt, haben diese wenig Anreiz, die Preise zu senken“, sagt er.

Ein dritter Faktor ist viel schwieriger mit Daten zu belegen: Die Mobilfunkpreise hängen auch von der Politik des jeweiligen Landes ab: „Ist die Regierung bereit, die Anbieter zu unterstützen? Ist die Regierung bereit, den Zugang für die Allgemeinheit erschwinglicher zu machen und abgelegene Gebiete zu versorgen? Und das ist von Land zu Land unterschiedlich“, so Martin Schaaper.

Äthiopien bildet eine Ausnahme, weil sich der Mobilfunk in öffentlicher Hand befindet. Der private Sektor darf nicht mit der staatlichen „Ethiotelecom“ konkurrieren.

Für die Geschäftsfrau Tabu Kitta sind die Mobilfunkpreise eine Herausforderung.

Wer sind die Anbieter?

Viel hängt davon ab, wer der Anbieter ist. Da in Afrika die Sprachen der ehemaligen Kolonialmächte weit verbreitet sind, war es für europäische Unternehmen wie Vodafone, Orange und Altice Portugal oder die indische Airtel ein Leichtes, die Märkte zu erobern. Inzwischen haben sich aber auch große afrikanische Anbieter – wie MTN aus Nigeria oder Telkom aus Südafrika – in vielen Ländern des Kontinents etabliert.

„Es ist klar, dass sie einen Vorteil haben“, sagte Schaaper: „Sie haben das Wissen, die personelle Infrastruktur, sie kennen die Preisgestaltung.“ Eine negative Folge ist, dass sie keine Schwierigkeiten haben, kleinere, lokale Wettbewerber zu verdrängen: „Das wirkt sich natürlich negativ auf die Preise aus“, so Schaaper. Hinzu kommen Wettbewerbsbeschränkungen in Ländern, die staatliche Unternehmen begünstigen.

Hoffnung auf Besserung in Malawi

Im August kündigte die Regierung von Malawi einen ersten Schritt zur Wiederbelebung des Marktes an. Präsident Lazarus Chakwera beabsichtigt, neben Airtel Malawi und TNM eine Lizenz an einen Drittanbieter zu vergeben. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass mobile Daten endlich erschwinglicher werden. Menschen wie Tabu Kitta müssen dann nicht mehr darüber nachdenken, ob sie sich jederzeit ein Smartphone leisten können.

Mirriam Kaliza (Lilongwe) hat zu diesem Artikel beigetragen.

Dieser Artikel wurde von Cristina Krippahl aus dem Deutschen übertragen.

David Ehl, Gianna-Carina Grün