Beutefanganalysen bei der fleischfressenden Wasserradpflanze (Aldrovanda vesiculosa L., Droseraceae)
Fangeffizienz
In den meisten Studien zu den Funktionsprinzipien von Fallen für fleischfressende Pflanzen wurden die entsprechenden Versuche und kinematischen Analysen mit künstlich ausgelösten Fallen durchgeführt10,11,13,14. Es liegen nur wenige Berichte vor, die sich (zum Teil nur oberflächlich) mit dem Zusammenhang von Beute- und karnivorer Pflanzenfallenbewegung beschäftigen15,16,17,18. Ein detaillierter Bericht über die ultraschnellen Unterwasser-Saugfallen der fleischfressenden Wasserpflanze Utricularia australis (Lentibulariaceae) und ihrer Daphnien-Beute Ceriodaphnia dubia wurde kürzlich veröffentlicht12. In dieser Studie, die der vorliegenden methodisch ähnlich ist, wurden die Vorgänge der mechanischen Auslösung der Falle durch die Beute, das Öffnen der Falltür, das Ansaugen von Wasser und Beute und das Schließen der Falltür mit hoher zeitlicher Auflösung aufgezeichnet. Die Abfolge schneller Bewegungen (teilweise im Sub-Millisekundenbereich), die von der Utricularia-Saugfalle ausgeführt werden, und die daraus resultierende hohe Beschleunigung der angesaugten Beute, ihre plötzliche und abrupte Abbremsung innerhalb der Falle sowie das fein abgestimmte Schließen der Falltür zum Zurückhalten der Beute lassen stark vermuten, dass C. dubia keine Chance hat, der Falle zu entkommen, sobald sie ausgelöst wurde. Zumindest waren alle 14 Beutefangversuche, die in dieser Utricularia-Studie aufgezeichnet wurden, erfolgreich.
In der vorliegenden Studie über A. vesiculosa und D. longicephala wurden ebenfalls 14 Beutefangversuche analysiert, wobei die Fangrate niedriger war (~64 %). Die gemessene Schließdauer der A. vesiculosa-Fallen lag typischerweise zwischen 16-30 ms (längere Dauern traten auch in Fallen mit vielen anhaftenden Fadenalgen auf), was im Allgemeinen frühere Messungen der Schnappdauer8,11 bestätigt und die Saugdauer bei Utricularia übertrifft (durchschnittlich 9 ms, min: 5,2 ms; max: 14,9 ms, n = 14)12. Zusammen mit der in dieser Studie beobachteten Flucht mehrerer Tiere könnte man vermuten, dass Beutetiere eher aus der Schnappfalle von A. vesiculosa entkommen als aus der Saugfalle von U. australis. Diese Annahme ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, da zwei verschiedene Beutetierarten unter ähnlichen, aber nicht identischen experimentellen Laborbedingungen getestet wurden. Außerdem sind die Stichprobengrößen klein (jeweils n = 14). Allerdings wurde A. vesiculosa auch von anderen Autoren eine geringe Fangeffizienz zugeschrieben, da bei Feldstudien nur 5-11,5 % der untersuchten Fallen Beutetiere enthielten6,19. Inwieweit diese Feldbeobachtungen tatsächlich die Effizienz des Schnappfangmechanismus und/oder die Effizienz der Beutetieranlockung widerspiegeln, ist noch nicht klar und bleibt ein vielversprechendes Thema für künftige Studien. Interessanterweise wurde auch für Venusfliegenfallen (D. muscipula), die terrestrische Schwester von A. vesiculosa, in mehreren Feld- und Laborstudien eine niedrige Fangeffizienz festgestellt20,21,22.
Reizbarkeit der Falle
Die Auslösehaare befinden sich in den zentralen Fallenlappen unterhalb der Begrenzung des Geheges. Die Beobachtung in PCA 14, dass beutebewegungsinduzierte Wasserverdrängung die Falle auslöst, deutet auf eine hohe Empfindlichkeit des sensorischen Systems von A. vesiculosa hin. Ein sehr empfindlicher Auslösemechanismus erhöht vermutlich einerseits die Effizienz der Falle, indem er es ihr ermöglicht, auch geringe mechanische Störungen zu erkennen. Andererseits erfordert er aber auch „Sicherheitsvorkehrungen“, um energieaufwendige und unnötige Fallenschließungen z.B. durch im Habitat auftretende Wasserströme zu vermeiden. In diesem Zusammenhang könnte das Auftreten von Triggerhaaren am Fallenboden eine strukturelle Vorsichtsmaßnahme zur Vermeidung unnötiger Fallenschließungen sein, da die Haare vor Wasserströmungen und Detritus geschützt sind. Es ist auch denkbar, dass es die Fangeffizienz erhöht, da sich potenzielle (kleine) Beutetiere in der Falle befinden, wenn die Auslösehaare stimuliert werden. In dieser Studie mit D. longicephala, die über relativ lange Fortsätze wie die zweiten Fühler und den Schwanzstachel verfügt, konnten wir jedoch beobachten, dass diese Strukturen häufig für das Auslösen der Falle verantwortlich waren, ohne dass sich der Körper des Beutetiers unbedingt vollständig in der Falle befand. Künftige Studien könnten die „Eignung“ der Beutetiere und die Reizbarkeit der Falle23,24 genauer analysieren. Ein hochsensibles sensorisches System wurde kürzlich für die Schnappfalle der Schwesterart des Wasserrades, der Venusfliegenfalle (D. muscipula), beschrieben25,26. Während bei D. muscipula immer mindestens zwei aufeinanderfolgende Reize an einem oder an verschiedenen Auslösehaaren innerhalb einer bestimmten Zeitspanne notwendig sind, um das Schließen der Falle zu bewirken, sind die Fallen von A. vesiculosa in dieser Hinsicht variabler. Hier schließen sich einige Fallen nach dem Empfang eines Reizes, andere nach zwei Reizen, einige benötigen noch mehr mechanische Stimulationen, und einige reagieren überhaupt nicht1,2,8. Die Gründe für diese Variabilität der Fallenreizung sind noch unbekannt.
Mögliche Mechanismen der Beutetieranlockung
Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass die Blattborsten, die sich neben der Falle von A. vesiculosa (Abb. 1b) befinden, Tiere anlocken könnten, indem sie ihnen einen Platz zum Ausruhen und Schutz bieten27. Es wurde diskutiert, dass die zahlreichen Triggerhaare im Inneren der Schnappfalle (vgl. Abb. 3c in Ref. 11) fadenförmige Algen imitieren, um weidende Krebse in die Schnappfalle zu locken28, doch fehlen bisher klärende Studien. Da der mitteleuropäische A. vesiculosa keine Beutetierspezifität zeigt, sondern opportunistisch fängt, unabhängig von Beutetierart, Größe, Fortbewegungsart und -geschwindigkeit, ist es unwahrscheinlich, dass der Fang durch spezialisierte chemische oder auf Mimikry basierende Anziehungsmechanismen verbessert wird7. Anhand des unberechenbaren Schwimmverhaltens von D. longicephala konnten wir kein Verhalten erkennen und beobachten, das auf eine Anziehung zur Falle hinweist. Da D. longicephala ein guter und aktiver Schwimmer mit einer durchschnittlichen Schwimmgeschwindigkeit von 8 mm/s ist, ist die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung mit einer A. vesiculosa-Falle wahrscheinlich hoch29,30. Daher ist es denkbar, dass natürliche PCAs eher zufällig stattfinden, wahrscheinlich z.B. weil sich die Tiere bei der Nahrungssuche der Falle nähern.
Die meisten Fallen in den aufgezeichneten PCAs 1-14 waren aus methodischen/handwerklichen Gründen nach unten ausgerichtet (Abb. 1 und 2). Die Fallenblätter von A. vesiculosa sind jedoch als Quirle angeordnet (vgl. Abb. 1b in Ref. 11), so dass ihre natürliche Ausrichtung variabel ist. Wir vermuten, dass die Ausrichtung der Fallen keine entscheidende Rolle bei der möglichen Anlockung und dem Fang von freischwimmenden Beutetieren wie D. longicephala spielt. In diesem Zusammenhang könnte es interessant sein, den Effekt der Fallenausrichtung auf substratgebundene oder grasende Beutetiere zu untersuchen.
Allgemeine Aspekte der Beutebewegung und des Verhaltens
Die für tDZ und tTI erhaltenen Ergebnisse lassen aufgrund ihrer großen Streuung keine typischen Aufenthaltszeiten innerhalb der verschiedenen Fallenzonen erkennen. Darüber hinaus variieren Art und Umfang der Bewegungen zwischen den verschiedenen PCAs stark. Es scheint rein zufällig zu sein, wie lange sich die Beute vor dem Auslösen im Gefahrenbereich und/oder im Falleninneren aufhält. Auch beim Südlichen Blasentang (U. australis) mit Saugfallen waren die Körperorientierung und das Bewegungsverhalten der Beutetiere C. dubia vor und während des Auslösens variabel12.
In 12 Fällen in dieser Studie (~86%) lösten die Tiere die A. vesiculosa-Fallen direkt mit Bewegungen ihrer zweiten Antennen aus. Diese vergleichsweise langen Strukturen ragen aus dem Kopf der Tiere heraus und sind für die Schwimmbewegungen verantwortlich, indem sie Schub erzeugen. Unabhängig von den meisten beobachteten Ausrichtungen und Positionen der Beutetiere zum Zeitpunkt der Fallenauslösung (vgl. Tabelle 2) kamen die zweiten Fühler mit den Auslösehaaren im Inneren der Fallen in Kontakt (PCAs 1-10, 12,13) oder erzeugten ausreichend starke Wasserströmungen für die Auslösung (PCA 14). Ähnliche Beobachtungen wurden in der bereits erwähnten Utricularia-Beutefangstudie12 gemacht, bei der sieben (von 14) Ceriodaphnia dubia-Tiere die Auslösehaare mit ihren zweiten Fühlern berührten, sechs mit ihrem Kopf und eines mit seinem Panzer. Es kann vermutet werden, dass die zweiten Fühler die Hauptstrukturen sind, mit denen die Beutetiere der Daphnien mit den Abzugshaaren der Fallen für fleischfressende Wasserpflanzen in Berührung kommen.
Die Profile der Bewegungen von D. longicephala während der PCAs (Abb. 2 und 3) zeigen, dass in den meisten Fällen ein erfolgreicher Beutefang mit einer sehr geringen Bewegung der Beute innerhalb der sich schließenden Falle einhergeht. Dies steht im Gegensatz zu U. australis, wo die Beute oft passiv umgedreht wird und sich während des Fangs aufgrund der Kräfte des Wasserzustroms sogar winden kann12. Bei A. vesiculosa umschließen die beiden Fallenlappen die Beute, ohne dass diese in größerem Umfang, z. B. durch induzierte Wasserbewegung, weiter bewegt wird. Wie A. vesiculosa in der Lage ist, Tiere zu fangen und festzuhalten, die größer sind als die eigentlichen Fallen, wie z. B. Chironomidenpuppen oder Nonnektiden-Nymphen6,7, muss noch untersucht werden. Wahrscheinlich helfen die Zähne am eingefalteten Rand (Abb. 1a,c) und/oder laufende langsame Prozesse der Fallendeformation, d.h. Magenbildung8, beim Festhalten und Einschließen solch großer Objekte.
Flucht von Beutetieren bei erfolglosen PCAs
Es liegen keine Berichte über Beutefluchtversuche aus ausgelösten Utricularia-Fallen vor. Offenbar ist der Eingang der Utricularia-Falle, wo sich auch die Auslösehaare befinden, aufgrund des schnell einsetzenden starken Sogs ein „point of no escape“ (zumindest solange die Beute durch den Eingang und in die Falle passt). Im Gegensatz dazu beobachteten wir in dieser Studie mit A. vesiculosa fünf erfolglose PCAs (10-14), was darauf hindeutet, dass Beutetiere, die sich in der Auslöseregion (dem zentralen unteren Teil der Falle unterhalb der Begrenzungslinie) befinden, noch eine Chance haben zu entkommen. Wir beobachteten, dass Beutetiere entweder durch das gewaltsame Herausziehen ihres eingeklemmten Körpers (oder von Körperteilen) aus bereits geschlossenen Fallen entkommen konnten (PCAs 10, 12), oder dadurch, dass Fallenlappen mit Zähnen an den eingeklappten Rändern (Abb. 1a,c) beim Schließen der Falle vom jeweiligen Panzer abgleiten können (PCA 13). Beutetiere, die beim Auslösen bereits aus der Falle schwammen, hatten eine günstige „Startposition“ und konnten ebenfalls entkommen (PCAs 11, 14). Dies zeigt, dass es mindestens drei verschiedene Fallenauslöse-/Bewegungssituationen gibt, in denen Beutetiere potenziell fliehen können. Vollständig eingeschlossene Beutetiere konnten jedoch nie fliehen. Eine echte Fluchtreaktion, d. h. ein Tier, das als Reaktion auf die ausgelöste Bewegung aktiv aus einer sich schließenden Falle herausschwimmt, wurde in dieser Studie mit D. longicephala nicht beobachtet. Wir halten es in der Tat für unwahrscheinlich, dass Daphnien generell in der Lage sind, in der erforderlichen Zeitspanne zwischen Fallenauslösung und Fallenschließung zu reagieren. Dies stützt sich auch auf die Tatsache, dass ein Teil der Autoren dieser Studie (SK, MH, RT) ebenfalls keine Flugreaktion von Daphnia pulex beobachten konnte, die von larvalen Phantommücken (Diptera: Chaoborus) gefangen wurden, bei denen der eigentliche Schlag des Räubers ~30 ms und der gesamte Fangvorgang weniger als 300 ms dauert31.
Die beiden Fluchtereignisse der eingeklemmten Beute (PCAs 10 & 12) zeigen, dass D. longicephala in der Lage ist, der Kraft der sich schließenden Fallenlappen von A. vesiculosa mechanisch zu widerstehen und sich durch Fühlerschläge zu befreien. Neben dem Alter und dem Zustand der Falle sowie den Umweltbedingungen als bestimmende Faktoren hat sich gezeigt, dass die Schließkraft mit zunehmender Stärke des auslösenden Reizes zunimmt8. Wie die eingeklemmte Beute von der Falle weiter „verarbeitet“ wird, kann auch von der Position des Tieres und seiner körperlichen Verfassung beeinflusst werden. In PCA 7 zum Beispiel wurde die Beute zunächst diagonal zwischen den Lappen eingeklemmt (ähnlich wie in PCA 12). Dann drehte sich die Beute um, vermutlich rein passiv durch die auf sie wirkende Kraft der beiden Fallenlappen. Anschließend schlossen sich die gebogenen Lappen weiter und drückten die Beute tiefer in die Falle, bis diese vollständig geschlossen war. Dementsprechend kann vermutet werden, dass die doppelt gekrümmte Geometrie der Lappen, die sich während des Schließens der Falle nicht verändert10 , beim „Handling“ der Beute hilft, die zwischen den einlagigen Bereichen der Lappen eingeklemmt ist. Wie bei PCA 5 beobachtet wurde, kann außerdem der nach innen gefaltete stachelige Fallenrand dazu beitragen, die Beute festzuhalten. Wie bei PCA 13 erörtert, kann es jedoch auch vorkommen, dass der Fallenrand während der Fangbewegung abrutscht. Bei der eng verwandten Venusfliegenfalle (D. muscipula), bei der die Zähne im Verhältnis zur Gesamtgröße der Falle viel länger sind als bei A. vesiculosa, wurde zunächst die Hypothese aufgestellt32 und später in einer Feld- und Laborstudie22 festgestellt, dass die Zähne ein „Gefängnis“ bilden, das den Fangerfolg bei mittelgroßen Beutetieren erhöht. Bei größeren Beutetieren wurde jedoch auch ein abnehmender Nutzen festgestellt, was die Komplexität der adaptiven Landschaft des Schnappfallensystems noch vergrößert.
Kritische Bewertung der angewandten Methoden
Ältere Fallen für A. vesiculosa haben andere physiologische Eigenschaften als jüngere8. Um sicherzustellen, dass alle in den Versuchen verwendeten Fallen ein ähnliches Alter haben, wurden nur Fallen des siebten Wirtels ausgewählt. Da der australische rote Ökotyp von A. vesiculosa 0,26-0,65 Fallenblattwirbel pro Tag entwickelt33 , liegt das Alter der jeweiligen Fallen vermutlich entsprechend zwischen 11-27 Tagen. Es ist jedoch zu vermuten, dass individuelle Unterschiede zwischen den Fallen, wie z. B. ihre Größe oder die Menge der anhaftenden Algen, ihr Schnappverhalten (z. B. Reizbarkeit, Kinematik, Schnappgeschwindigkeit) möglicherweise stärker beeinflussen als die (geringen) Altersunterschiede. So wurde in unserer Studie die höchste Schnappdauer von 104 ms in einer Falle mit vielen anhaftenden Algen gemessen (PCA 14).
Die Versuchsbedingungen im klimakonstanten Raum unter Kunstlicht wichen selbstverständlich von den natürlichen Habitatbedingungen der australischen A. vesiculosa und D. longicephala ab. So schränkten beispielsweise die kleinen Volumina der Küvetten die Beute- und Wasserbewegung ein. Aufgrund der Beleuchtung erwärmte sich die Wassersäule in den Küvetten wahrscheinlich (nicht gemessen). Die Beleuchtung irritierte vermutlich die Daphnienbeute. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass das Abschneiden der Fallen von den jeweiligen Pflanzen zu unerwünschten (und unbemerkten) Nebeneffekten führt, die z. B. durch Stressreaktionen hervorgerufen werden und letztlich zu einem veränderten Fallenverhalten und einer verzerrten Bewertung der Fangeffizienz führen. Die Hochgeschwindigkeitsanalysen, einschließlich der Handhabung der empfindlichen und sensiblen Strukturen (wie die offenen, fangbereiten A. vesiculosa-Fallen), sind eine anspruchsvolle und zeitaufwändige Aufgabe und erklären die geringe Stichprobengröße in dieser Studie. Unabhängig von diesen Nachteilen unserer experimentellen Ansätze ist unsere Studie jedoch der erste Versuch, die Räuber-Beute-Interaktion zwischen der fleischfressenden Pflanze A. vesiculosa und ihrer Beute D. longicephala zu beleuchten. Solche Hochgeschwindigkeitsanalysen schneller aquatischer Organismen und Strukturen wären sonst unter natürlichen Bedingungen im Feld nur sehr schwer (oder gar nicht) durchführbar.
Abschluss und Ausblick
Unsere Studie zeigt erstmals im Detail, wie die fleischfressende Wasserradpflanze (A. vesiculosa) ihre Daphnien-Beute fängt. Die Bewegungsabläufe ihrer Unterwasser-Schnappfallen sowie das Verhalten und die Bewegungen von D. longicephala außerhalb und innerhalb der Fallen werden qualitativ und quantitativ beschrieben. Zusätzlich werden erstmals Fälle von Bewegungszusammenhängen (z.B. Beuteflucht, Handhabung der eingeklemmten Beute durch die Falle) beschrieben und diskutiert.
Wir konnten keine Korrelationen (1) zwischen Beutedichte und Fangerfolg, (2) zwischen dem Alter der Beute und dem Fangerfolg, (3) zwischen nprey_movement und dem Fangerfolg, (4) zwischen Beutedichte und ttrigger und (5) zwischen dem Alter der Beute und nprey_movement feststellen. Unsere Analysen zeigen auch, dass die hier beobachtete Räuber-Beute-Interaktion keineswegs einheitlich ist. Es dominieren offenbar individuelle Unterschiede im Beuteverhalten sowie zwischen den einzelnen Fallen. Geht man von noch größeren kinematischen Unterschieden zwischen älteren und jüngeren Fallen aus, könnten sich noch inhomogenere Situationen hinsichtlich der Beutefangsequenzen ergeben. Zukünftige Experimente könnten ergänzend PCAs mit verschiedenen natürlichen Beutetieren analysieren, z.B. mit Vertretern von Cladocera, Copepoda, Ostracoda, Ephemeroptera, Nematocera, Hydrachnidia und Pulmonata7. Solche Analysen wären hilfreich, um die Fangeffizienz der A. vesiculosa-Fallen weiter zu bewerten, die sich von einer sehr großen Vielfalt an Beutetieren in Bezug auf Taxonomie, Größe und Bewegungsverhalten ernähren. Daher könnte ein breites Spektrum von A. vesiculosa-Fallen-(Bewegungs-)Merkmalen möglicherweise einen Selektionsvorteil darstellen. Ein ähnliches nicht-selektives Beutefangverhalten wurde von erwachsenen Fallen der Venusfliegenfalle (D. muscipula)32,34 berichtet. Interessanterweise fangen die Fallen von D. muscipula-Sämlingen verschiedene Beutetiere, die offenbar zu klein sind, um die Fallen für erwachsene Tiere auszulösen35. Über eine solche potenzielle Beutespezifität in verschiedenen Wachstumsstadien wurde für A. vesiculosa noch nicht berichtet. Zukünftige kinematische Untersuchungen zum Beutefang sollten auch ausführliche dreidimensionale Bewegungsanalysen umfassen30,36.
Weitere mögliche Themen für zukünftige Studien sind die entwicklungsbedingten und strukturell-biomechanischen Merkmale möglicher Gegenmaßnahmen der Beute gegen den Fang durch A. vesiculosa. So ist beispielsweise bekannt, dass mehrere Daphnien über räuberspezifische induzierbare Abwehrmechanismen verfügen, die Veränderungen in der Morphologie, im Verhalten und in der Lebensgeschichte umfassen können37,38,39. Mit diesen Maßnahmen ist die Beute in der Lage, den Räuber auszubremsen und den Prädationsdruck zu verringern. Daher wäre es interessant, mit typischen Daphnien-Beutetieren von A. vesiculosa zu testen, ob solche induzierbaren Abwehrmechanismen auch in der hier beschriebenen Beziehung zwischen Pflanzenräubern und tierischen Beutetieren existieren. Insbesondere die Analyse der Krümmung des Panzers, von der wir beobachtet haben, dass sie einen Einfluss darauf hat, wie „leicht“ ein halb gefangenes Tier nach dem Schließen der Falle in die Falle hinein- oder aus ihr herausgedrängt wird, könnte vielversprechend sein, da sie bei einer anderen Daphnienart nach der Exposition gegenüber einem Räuber verändert wurde40. Bei ersten Testaufnahmen mit A. vesiculosa und zufälligen Beutetieren aus einem Teich im Botanischen Garten Freiburg filmten wir außerdem eine sehr schnelle und erfolgreiche aktive Flucht eines Copepoden aus einer ausgelösten Falle (Film S15). Die Reaktionszeit des Tieres betrug 5 ms. Innerhalb einer Zeitspanne von 16 ms schwamm es aus der sich schließenden Falle (Gesamtdauer des Schließens: 57 ms). Wenn man eine Gesamtlänge der Falle von ~3 mm annimmt (was am unteren Ende des typischen Längenbereichs liegt3) und davon ausgeht, dass das Tier die Hälfte der Länge zurücklegt, ergibt sich eine Reaktionsgeschwindigkeit von 0,09375 m/s. Diese Geschwindigkeit ist immer noch vergleichsweise langsam im Vergleich zu den Geschwindigkeiten, die Copepoden Berichten zufolge erreichen können41. Da in dem Teich, aus dem der Copepode stammt, keine A. vesiculosa-Pflanzen gezüchtet werden, kann seine schnelle Flucht nicht, wie zuvor beschrieben, als induzierte Verteidigung gewertet werden. Offenbar sind einige (Gruppen von) Tieren von Natur aus in der Lage, den schnellen Schnappfallen der Wasserradpflanze zu entkommen, auch wenn die gefilmte Falle zugegebenermaßen im Vergleich zu anderen nicht sehr schnell war. Ein vielversprechender Aspekt für zukünftige Studien ist jedoch auch die Aufklärung der neuro-mechanischen Grundlagen für das sofortige und schnelle Entkommen.